Yogablog

Hallo, Leben.

1 Aug 2017

Wenn wir uns über das Wetter ärgern, kann das Wetter nichts dafür. Wenn wir uns über den beim Hämmern krumm gehauenen Nagel ärgern, kann der Nagel nichts dafür. So was kommt vor. Hallo, Leben. Wer mit dem Leben hadert, macht sich etwas vor, nämlich dass nichts schiefgehen darf und er die Dinge da draußen unter Kontrolle hat. Aber die Dinge da draußen laufen einfach nicht immer so, wie wir wollen. Weil wir auf dies und das einen gewissen Einfluss haben, bilden wir uns ein, wir hätten die Dinge in der Hand. Das nennt man Anhaftung.

Vieles würde sich für uns im Leben leichter gestalten, vieles käme auf seinen richtigen Platz, wenn wir uns öfter die ganze Flüchtigkeit unseres Lebens eindring-lich vorstellen, die volle Möglichkeit, dass der Tod jederzeit, schon heute, eintreten könne. Dann würden wir uns selbst vielen Kummer und viele Nichtigkeiten, die uns in Anspruch nehmen, ersparen, hätten mehr Raum für die wichtigsten Dinge, und es würde uns drüben leichter und heller sein.

Wo immer ein Mensch ist, bietet sich eine Gelegenheit, freundlich zu sein.
Höflichkeit ist befreiend. Sie befreit uns von der Sklaverei der Beschäftigung mit uns selbst (bzw. der mit dem smartphone), unseren Launen und Stimmungen.

Wenn uns ein Mensch unangenehm begegnet, dann wird der Kenner des Karmagesetzes sich sagen: »Diese unangenehme Begegnung ist die Folge meines Tuns, auch dann, wenn dieser Mensch mir in diesem Leben zum ersten Mal begegnet. Jetzt aber, bei dieser Begegnung, habe ich die Möglichkeit, mit meinem jetzigen Verhalten diese unliebsame einst geschaffenen Situation zu entspannen und aufzuhellen.« So lasse ich mein Handeln nicht von dem an mich Herangetretenen bestimmen (»wie du mir so ich dir«), sondern ich richte mein Handeln auf die zukünftige Begegnungen hin, denn ich weiß, dass mein jeweiliges Handeln die Saat ist und alles, was an mich herantritt, immer die Ernte ist. Das muss ich mir immer wieder vor Augen halten. Denn jede Situation lässt eine umgekehrte Reihenfolge erscheinen, als sie wirklich ist. Zwar tritt zuerst etwas an uns heran, und dann handeln wir daraufhin, aber das an uns Herantretende ist ja bereits die Rückkehr unserer früheren Tat, ist also Ernte, und alles, was von uns ausgeht, ist Saat, ist also das Erste.

Was ist wirklich wichtig?

1 Jul 2017

Wer sich für realistisch hält, weil er nur das glaubt, was die Wissenschaft beweisen kann, übersieht, dass jede heute beweisbare Wahrheit morgen schon wieder überholt sein kann, weil sich die technischen Möglichkeiten und Messmethoden ändern und manche Forschungsergebnisse schlicht als Fälschung entlarvt werden. Es wäre weitaus realistischer, sich die Vergänglichkeit wissenschaftlicher »Erkenntnisse« vor Augen zu führen und anzuerkennen, dass das, was wir heute von der Wissenschaft erfahren, keineswegs immer die absolute Wahrheit ist.

Wenn Sie aber in Ihrem täglichen Leben bewusst sind, dass Sie in Ihrem Inneren guten Eigenschaften besitzen – wie Mitgefühl, die Fähigkeit zu Vergeben oder das Vermögen, die Dinge aus einer erweiterten Perspektive zu sehen –, dann können äußere Faktoren dem inneren geistigen Frieden nichts anhaben, seien die Umstände noch so schwierig. Das gilt selbst dann, wenn Sie von Feindseligkeiten umgeben sind. Deswegen ist das Mitgefühl die Quelle des Glücks. Wenn Sie andererseits an einem Tag verstimmt sind oder ein Gefühl des Hasses mit herumtragen, dann werden Sie den ganzen Tag nicht glücklich sein, auch wenn die äußern Bedingungen gut sind oder Sie von guten Freunden umgeben sind. Die innere geistige Einstellung ist der wichtigste Faktor für Glück und Unglück.

Manchmal klammern wir uns an Situationen und Denkmuster, die uns ganz klar nicht gut tun, aus Angst vor dem, was vielleicht danach kommt. Wir können noch nicht absehen, was wir bewältigen müssten, wenn das alte Leid weg wäre – womöglich so unangenehme Dinge wie Verantwortung, Entscheidungsfreiheit und sogar Lebensfreude.

Atem, Haltung, Beckenboden

1 Jun 2017

Yoga unterscheidet sich von Gymnastik und Sport, durch bewusste Integration von Atem, Haltung und Bewegung. Durch die Atmung im Yoga wird »sukha«, »guter Raum«, im menschlichen Körper geschaffen. 90% der heilsamen Wirkung des Yoga besteht aus der Abfallentsorgung, durch Atemtraining: wenn man sich bewusst um die Ausatmung kümmert, erledigt sich der Einatem von selbst.

Das Leben beginnt mit einer Einatmung und endet mit einer Ausatmung. Einatmen ist aktiv. Ausatmen ist passiv. Geboren werden heißt: Aktivität zeigen, um weiterhin zu überleben. Der erste Atemzug ist der wichtigste und der kräftigste in unserem ganzen Leben. Blut schießt in die Lungen, das Herz teilt sich in linke und rechte Kammer, bildet zwei Pumpen, spezielle Adern des fötalen Kreislaufs verschließen, wachsen zu und wir benötigen Halt gegen die Schwerkraft. Atem und Haltung – ist eines nicht in Ordnung kann es das andere auch nicht sein.

Bewusst angewandte Atmung, bei der sich das Zwerchfell nach hinten, zur Seite und nach vorne ausdehnt, schafft Raum und weitet die Flanken, entlastet die Wirbelsäule, unterstützt die Aufrichtung, schützt und stützt die Organe des Bauchraumes, beugt Organsenkungen vor, schützt den Beckenboden, vor allem vor dem Druck von oben und massiert die Organe mit jedem Atemzug.

Sie können die Schultern noch so häufig heben, senken und kreisen, wenn Sie dabei nicht ganzheitlich mit dem Atem aus der Körpermitte verbunden sind, werden Sie keine echten Fortschritte erzielen. Zwar ist das Training und die Kräftigung der Muskulatur von äußerster Wichtigkeit, doch muss der Schulter- und Nackenbereich mit Energie und Atem aus der Körpermitte gesteuert und genährt werden. Nur die Wärme und Kraft aus dem Unterbauch ermöglichen ein freies Schwingen des Nackens und der Schultern. Es ist wichtig, in einen gelösten körperlichen und geistigen Zustand zu üben.

Im Yoga wurzeln Ruhe, Gelassenheit und Vorstellungskraft. Aus Yoga entspringen: Konzentration, Achtsamkeit, Wahrnehmung und Gleichgewicht, sowie die Grenzerfahrung der Dehnbarkeit. Pranayama [[Lehre des Atem]] vermittelt ein zentriertes Gefühl und bildet die Basis jeglicher Energiearbeit. Pranayama in Verbindung mit Asana [[Lehre der Körperhaltungen]] vermittelt eine Ausdehnung, über die körperlichen Grenzen hinaus, mit einer guten Zentrierung.

was tun ist besser, als nur jammern – jammern hilft nicht!

1 Apr 2017

Du sagst: »Ich habe keine Zeit.«
Warum nimmst du dir keine?
Du sagst: »Die Arbeit nimmt mir die Zeit weg.«
Ich verstehe dich nicht: Welche Zeit ist es, die dir genommen wird?
Du sagst: »Meine Zeit! Wo bleibt die Zeit für mich?«
Gibt es denn eine Minute des Tages, die nicht dir gehört?
Du sagst: »Aber ich arbeite doch, um zu leben. Ich lebe nicht um zu arbeiten!«
Beginnt dein Leben erst nach Feierabend?

Du sagst: »Das Leben ist ungerecht!«
Bestimmst du was gerecht ist?
Du fragst: »Warum muss es ausgerechnet mich treffen?«
Wen hätte es sonst treffen sollen?
Du sagst: »Aber die anderen haben es doch so viel besser als ich!«
Und was sagen die anderen dazu?
Du sagst: »Das habe ich nicht verdient!«
Was hast du denn verdient?
Du sagst: »Das darf doch nicht wahr sein!«
Das Leben ist wahr. Ob es dir passt oder nicht.

Du fragst: »Was passiert, wenn ich krank werde?«
Im schlimmsten Fall wirst du sterben. Aber auch das ist
nur halb so schlimm. Der Tod heilt jede Krankheit.

Du hast Angst vor dem Tod?
Davor brauchst du keine Angst zu haben.
Das Sterben ist bislang noch jedem gelungen.

Alles was wir tun ist umsonst. Alles, was wir bekommen,
ist umsonst. Der Regen fällt umsonst, die Sonne strahlt
umsonst. Die Sonne schickt uns keine Rechnung für ihre
»Solarenergie«. Was ist schon dabei, dass wir nichts in
den Tod mitnehmen können? Die Rechnung ist beglichen,
fertig, aus! Alle versuchen, dem Menschenleben noch
etwas hinzuzufügen. Darin liegt der Irrtum.

Dein Leben ist wie der Tau im Gras. Das Schicksal schlägt
zu wie ein Blitz. Dein Körper hat keinen Bestand, in einem
Augenblick musst du ihn aufgeben.

Realität und Wirklichkeit

1 Mär 2017

Zwei Geschichten, des berühmten japanischen Zen-Meister Dogen, verdeutlichen, wie schwer es uns für gewöhnlich fällt, unsere Vorannahmen einzuklammern und einen etwas weniger verzerrten Blick auf die Welt zu richten. Es geht nicht um Glauben oder Nicht-Glauben, sondern, deutlich schwieriger um das eigenen Irren klar zu Erkennen.

Vier Blinde werden gebeten, einen vor ihnen stehenden Elefanten zu beschreiben. Der erste tastet den Rüssel ab und ruft: »Ein Elefant, das ist ein Schlauch!« Der zweite beschäftigt sich mit dem Ohr des Tieres und kommt zu dem Schluss: »Ein Elefant, das ist ein Bananenblatt!« Der dritte tastet den gewaltigen Bauch ab: »Ein Elefant, das ist eine Tonne!« Und der letzte widmet sich dem Schwanz und ist sich ganz sicher: »Ein Elefant, das ist ein Palmwedel!« Wir gehen kaum anders vor, wenn wir uns eine Meinung über die Wirklichkeit bilden. Wir begnügen uns mit dem ersten Eindruck und beteuern, er enthalte die ganze Wirklichkeit.

Die zweite Geschickte führt zu einem chinesischen Gelehrten, der seine Leidenschaft für die Malerei entdeckt und sich dabei auf ein einziges Motiv spezialisiert hat: Drachen. Die Jahre verstreichen. Jahre der Malerei. Der Gelehrte geht ganz in seinem Tun auf. Er malt Drachen um Drachen mit nie versiegender Begeisterung, ohne je einen leibhaftigen Drachen auch nur von der Ferne gesehen zu haben. Eines Tages jedoch dringt die Kunde von des Malers Hingabe an sein Motiv zu einem echten Drachen vor. Er beschließt, dem Gelehrten eine Freude zu bereiten und ihn zu besuchen. Als er den weiten Weg zurückgelegt hat, streckt er den Kopf zum Fenster des Ateliers hinein, um seinen größten Fan zu begrüßen. Doch als der sich umdreht und den Drachen sieht, fährt ihm der Schreck in alle Glieder. Er fällt um und ist tot.
Auch diese Geschichte illustriert sehr gut, wie weit sich unsere Ideen und Gedanken von der Wirklichkeit entfernen können. Wir verwechseln unsere Vorstellungen mit der Realität, wir glauben an unsere liebgewonnenen Klischees und merken nicht, dass wir dabei einem Trugbild aufsitzen. Zerschlägt ein Ereignis dann alle Vermittlungen, treten wir hinaus ins gleißende und unbarmherzige Licht des Erkennens, dann gleicht die Konfrontation mit den Dingen oft einem Schock.

Wir verirren uns, weil wir die Welt nicht so sehen wollen, wie sie wirklich ist. Die Dinge kümmern sich nicht darum, wie wir sie gerne hätten. Sehen wir die Welt wie sie wirklich ist, sehen wir die Dinge in ihrem Da-Sein, in ihrer oft abweisenden Tatsächlichkeit, ohne Filter, ohne Verzerrung. Ein Irrer, wer meint, nicht zu irren.

Aber das ist noch nicht alles, denn eine zusammenfassende Erklärung der Quantenphänomene kam zu der überraschenden Schlussfolgerung, dass es eine objektivierbare Welt, also eine gegenständliche Realität, wie wir sie bei unserer objektiven Betrachtung als selbstverständlich voraussetzten, gar nicht »wirklich« gibt, sondern dass diese nur eine Konstruktion unseres Denkens ist, eine zweckmäßige Ansicht der Wirklichkeit, die uns hilft, die Tatsachen unserer unmittelbaren äußeren Erfahrung grob zu ordnen. [[Hans-Peter Dürr, ehemaliger Leiter des Max-Planck-Instituts München]]