Ethik, Religion und Yoga

2 Feb 2016

Ethik, religionsübergreifend, Ehrfurcht vor dem Leben, wird immer wichtiger – nicht äußere, materielle Werte, sondern innere Werte, wie Achtsamkeit, Mitgefühl, Geistesschulung, Streben nach Glück, Empathie und Mitgefühl.
Wir kommen nicht als Angehörige einer bestimmten Religionsgemeinschaft auf diese Welt. Ethik ist uns angeboren. Religion ist uns anerzogen. Religionen können einen wertvollen Beitrag leisten, bergen aber soviel Gewaltpotenzial in sich, dass seit Jahrtausenden Gewalt im Namen von Religionen eingesetzt und gerechtfertigt wird. Wir brauchen Ethik jenseits aller Religionen.

Moral und säkulare Ethik, losgelöst von allem religiösen, sind hilfreicher, als alle Religionen. Meditation ist wichtiger als ritualisierte Gebete.
In dem Moment, in dem wir uns entschließen die inneren Werte zu kultivieren, fangen wir an, spirituell zu Leben, wobei, was viele Leute nicht wissen, Spiritualität vom lateinischen spirare kommt und nichts anderes als Atem, Odem, der Hauch des Lebens bedeutet. Hört der Mensch auf zu atmen ist er tot. Spiritus bedeutet Geist und das führt zu einer zu verkopften Religiosität, die viel zu sehr mit dem Denken verhaftet ist. Es geht aber darum mit Hilfe des Atem, Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen.

Ahimsa, das alte indische Prinzip der Gewaltfreiheit, mit der Gandhi auch politisch so erfolgreich war, war die Grundlage friedlicher Koexistenz. Das ist praktizierte weltliche Ethik jenseits aller Religionen. Ahimsa, nicht verletzen ist die oberste Pflicht. Dazu gehören: Geduld, Langmut, Demut, Großzügigkeit und Zufriedenheit. Mehr Achtsamkeit gegenüber allem Leben, auch gegenüber Tieren und Pflanzen. Menschliche Entwicklung beruht auf Kooperation und nicht auf Wettbewerb.

Ein Aspekt des Mitgefühls besteht in der spontanen Bereitschaft, für das Wohl anderer zu handeln, um andere ebenfalls in deren Glücksbestreben zu unterstützen. Das ist nicht nur eine Frage des Wissens, sondern viel mehr eine Frage des Handelns. Wenn wir die Welt besser machen wollen, dann müssen wir selber bessere Menschen werden.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass ein ruhiger Geist, Seelenfrieden, für die Gesundheit außerordentlich wichtig ist. Zorn, Hass und Angst schaden unserem Immunsystem. Geduld ist das wichtigste Mittel gegen Wut, Zufriedenheit gegen Gier, Mut gegen Angst und Verständnis gegen Zweifel.

Finde deinen Weg. Gehe deinen Weg. Sei offen wie der Himmel und du bis auf deinem Weg. Suche nicht – denn es geht über deine Grenzen hinaus. Erst wenn du alles loslässt, stellt sich Gelassenheit ein. Sei der Kern dessen, was Jesus einst lehrte. Das Leben, der Kern in Dir, ist stärker als das was ein Anderer an Verletzungskraft hat – und Religion sollte dabei ein Begleiter sein.

Erstaunlich ist die leichte, würdevolle Haltung römischer Dichter, der Antike, wie diese in ihren Gedichten die Tatsache des Todes akzeptierten, als wäre es Nichts, das sie erwartete, ein Tribut an den Reichtum der genossenen Jahre; und es erstaunt die Bitterkeit, die Angst, den kaum verhüllten Hass, der bei einigen der späteren christlich-lateinschen Dichtern begegnet, sobald sie sich mit dem Tod befassten, der ihnen doch, wie vage auch immer, eine herrliche, ekstatische Ewigkeit versprach. Sie lesen sich als wäre ihnen Tod und Verheißung nur eine Farce, die ihnen die Tage ihres Lebens trübten.

Und was hat das jetzt alles mit Yoga zu tun? Ethik, Achtsamkeit, sich selbst und Anderen gegenüber, ist eine Grundvoraussetzung im Yoga. Geduld ist eine grundlegende ethische Einstellung. Wenn du Geduld entwickelst, entsteht fast zwangsläufig Achtsamkeit. Wenn du in diesem Augenblick, nicht versuchst irgendwo anders zu sein, entwickelt sich Geduld von selbst.
Das klassische Hatha-Yoga in der Tradition nach B.K.S. Iyengar folgt dem Achtfachen Pfad des Patanjali – und ist nicht einfach eine Aneinanderreihung »gymnastischer« Übungen! (Was viele, oft auch Krankenkassen, einfach vergessen ... oder gar nicht erst wissen!) Und die heilsamen Wirkungen durch Yoga sind willkommene Nebenerscheinungen, die durchaus auch bewusst eingesetzt werden können, aber es spielen eben mehrere Faktoren zusammen und bleibt nicht nur auf »gymnastische« Übungen beschränkt. Alles Andere reduziert Yoga auf Yogagymnastik.